USA. Menschen mit
einer Demenz mögen sich vielleicht nicht mehr „entwickeln“, aber
dies rechtfertigt noch lange nicht, sie deswegen aus dem
gesellschaftlichen Leben auszuschließen. Mit dieser Feststellung
beginnt M. F. Kelley einen Beitrag, der für häufigere Kontakte und
Begegnungen unter Demenz-Kranken plädiert.
Die Autorin geht von der Beobachtung aus, daß sich die
Betroffenen oft sehr lebhaft und mit sichtlicher Freude unterhalten,
ohne sich dabei unbedingt inhaltlich zu verstehen. Immerhin lachen sie
oft gleichzeitig, wobei sich vermutlich jeder Gesprächspartner über
etwas anderes amüsiert. Trotz der sehr verschiedenen
Gesprächsinhalte scheint man sich zumindest gefühlsmäßig gut zu
verstehen. Offenbar verläuft Kommunikation zwischen Demenz-Kranken
überwiegend auf einer nicht-verbalen Ebene und dient die
Kommunikation vor allem zwei Zielen: der reinen Freude an diesem
Vorgang und dem Erlebnis, so mit anderen Menschen verbunden zu sein.
Einiges spricht dafür, daß Kommunikation zwischen sich
ähnlichen Menschen leichter erfolgt, da sie als angenehm erlebt wird
und die Beteiligten in ihren Eigenarten eher bestätigt. So erklärt
sich vermutlich, warum Demente am Essenstisch mitunter ein lebhaftes
Gespräch entwickeln, wenn sich die Betreuer zurückziehen, und warum
es sich wieder verändert, wenn das Personal zurückkehrt. In solchen
Situationen beenden vor allem weniger demente Personen das Gespräch
mit schwerer dementen.
Frau Keller weist darauf hin, daß Demenz-Kranke nonverbal oft
genau so gut kommunizieren können wie kognitiv leistungsfähige
Personen, ja daß sie für emotionale Untertöne besonders
empfänglich sind und entsprechend reagieren. Leider werden viele
Demenz-Kranke in ihren Bemühungen um Kommunikation oft regelrecht
abgeschnitten, da es für die Betreuer einfacher ist, an ihrer Stelle
zu reden und zu handeln, indem sie etwa begonnene Sätze des Kranken
selbst zu Ende führen. Solche Eingriffe rauben dem dementen Menschen
aber die Möglichkeit, Kommunikation und die durch sie entstehende
zwischenmenschliche Verbundenheit zu erleben und zu genießen.
Nicht-demente Menschen sind nach Ansicht Kellers außerstande,
so zu kommunizieren, wie es ein Demenz-Kranker tun würde. Deshalb
spricht sie sich dafür aus, Gelegenheiten zum Kontakt zwischen
Dementen regelrecht zu fördern und zu kultivieren. Man trägt dann
nicht nur einem sozialen Grundbedürfnis der Patienten Rechnung,
sondern erreicht gleichzeitig oft auch noch andere wichtige Ziele. So
zeigt eine Untersuchung, daß Demenz-Kranke mehr Nahrung aufnehmen,
ihre Tisch-Kultur besser erhalten und zufriedener sind, wenn sie
gleichzeitig gemeinsam mit anderen Demenz-Kranken essen und sprechen
können.
M.
F. Kelley: Social interaction among people with dementia. Journal of
Gerontological Nursing 1997 (23, April-Heft) 16-20