von
Horst Endreß, Pharmacia
& Upjohn, Erlangen
Demenz und Depression scheinen auf vielfältige Weise
miteinander verbunden zu sein. So gilt das Affektleiden Depression
(maskiert als „Pseudodemenz“) seit jeher als eine der
schwierigsten und zugleich bedeutsamsten Differentialdiagnosen der
Demenz. Darüber hinaus kann sich eine Depression als Reaktion auf
eine beginnende Demenz entwickeln. Auch viele Betreuer sind ohne
Unterstützung davon bedroht, depressiv zu erkranken. Anders als das
Grundleiden spricht die Depression jedoch meist sehr gut auf
therapeutische Maßnahmen an.
Nicht nur wegen seiner erheblichen praktischen Bedeutung bildet
heute das Thema „Demenz und Depression“ einen der Schwerpunkte
dieses Heftes. Es bietet sich auch an, um die Brücke in die Zukunft
unserer Zeitschrift zu schlagen. Denn spätestens mit der Zulassung
des neuartigen Antidepressivums EdronaxÒ
(Reboxetin) Ende 1997 darf sich Pharmacia & Upjohn zu den
bedeutsamen ZNS-Spezialisten der pharmazeutischen Industrie rechnen.
Vor diesem Hintergrund macht es Sinn, die beiden Zeitschriften
„Demenz- und Parkinson-Spektrum“ in ein thematisch erweitertes „ZNS-Spektrum“
überzuführen, dessen erste Ausgabe Sie schon in Kürze bei uns
abrufen können.
Wir freuen uns selbst über diesen Fortschritt. Denn er
erleichtert es uns, ZNS-Erkrankungen noch stärker „ganzheitlich“
zu sehen und so erfolgreich denjenigen Risiken zu begegnen, die aus
der zunehmenden Spezialisierung bzw. isolierten Erforschung von
Einzelphänomenen erwachsen.
Möglicherweise ist
die Demenz-Forschung in eine solche Spezialisierungsfalle geraten, da
sie sich immer noch schwerpunktmäßig mit den kognitiven Aspekten der
Demenz befaßt und damit deren affektive Komponenten zu
stiefmütterlich behandelt. Denn wie der bekannte Schweizer Psychiater
Luc Ciompi in seinem neuen Buch „Die emotionalen Grundlagen des
Denkens“ (Vandenhoek 1997) aufzeigt, nehmen Affekte möglicherweise
eine Vorrangstellung ein. Nach seiner Auffassung entscheidet der
gerade dominierende Affekt darüber, welche kognitiven Leistungen und
Handlungsmöglichkeiten uns zu dem betreffenden Zeitpunkt zur
Verfügung stehen. Dieser Zusammenhang läßt sich anhand der
Alltagserfahrung relativ leicht nachvollziehen: So haben die meisten
Menschen einmal erlebt, daß man in einem Gefühl von Panik „keinen
klaren Gedanken mehr fassen kann“ (außer vielleicht zu fliehen)
oder daß man in einem Gefühl tiefer Bedrückung und
Hoffnungslosigkeit (Depression) „ alles nur noch schwarz sieht“
(also sich zum Beispiel nicht mehr an die schönen Erlebnisse des
Lebens erinnert). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob
sich die Demenz nicht auch als „affektive Störung“ betrachten
läßt, bei der die kognitiven Leistungen nachlassen, weil die Affekte
diese nicht länger angemessen steuern.
Ausgehend von der Beobachtung, daß man durch eine
Veränderung der Kognitionen umgekehrt auch den Affekt beeinflussen
kann (positives Denken hellt die Stimmung auf, bedrückende Themen
machen traurig), ist es am wahrscheinlichsten, daß Affekte,
Kognitionen und Handlungen wechselweise („zirkulär“) aufeinander
einwirken.
Solche (hoffentlich) anregende und zukunftsweisende
Perspektiven wird Ihnen das künftige „ZNS-Spektrum“ zum Nutzen
Ihrer Patienten viermal jährlich anbieten. Selbstverständlich werden
Sie darin auch weiterhin konkrete praktische Tips finden, insbesondere
für Ihre Patienten mit Depression, Parkinson, Demenz, Angst/Panik
oder Schlafstörungen.