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Demenz-Kranke an die Uni?


USA. In vielen Städten bemüht man sich bereits, Betreuer Demenz-Kranker zu schulen. Dagegen gibt es für die unmittelbar Betroffenen kaum vergleichbare Hilfen. Wie sinnvoll und nützlich es sein kann, Patienten mit beginnender Alzheimer-Demenz regelrecht zu schulen, veranschaulicht eine Pilotstudie, über die S. Fitzsimmons und L. L. Buettner berichten. Die beiden Wissenschaftlerinnen hatten in Kooperation mit der örtlichen Universität einen 10-wöchigen Kursus für Demenz-Patienten entwickelt.

    Alle Absolventen des Kurses, für den sie sich an der Universität eingeschrieben hatten, zeigten sich von dem Angebot begeistert. Sie fühlten sich aufgewertet, schätzten und nutzten die angebotenen Informationen und vernetzten sich untereinander. Die zu Beginn und am Ende der Lerneinheiten durchgeführten Tests zeigten bis auf eine Ausnahme deutliche Wissenssteigerungen. Die einmalige Ausnahme betraf eine Lerneinheit, in der sich der Dozent nicht am vorbereiteten Studienmaterial orientierte. Im Rahmen des Gesamtkonzepts spielte ein kursbegleitendes Studienbuch eine wichtige Rolle. Dieses konnten und sollten die Teilnehmer jederzeit konsultieren. Das Studienbuch sah Raum für Notizen und Arbeitsblätter vor, die ihm Rahmen jeder Lerneinheit ausgehändigt wurden.

    Von den 10 ursprünglich angemeldeten Interessenten im Alter zwischen 71 und 85 Jahren (Durchschnitt: 78 Jahre) besuchten sieben alle Angebote des Kurses. Von den übrigen drei Patienten brachen sich zwei vor Studienbeginn die Hüfte, der Dritte wechselte nach der vierten Sitzung den Wohnort. Die 10 Kurseinheiten wurden von unterschiedlichen Dozenten mit jeweils wechselnden Inhalten bestritten. Diese lauteten: Gesunde Lebensführung, Demenz, Depression, Delirium, kognitive Aktivitäten, Kommunikation, Beziehungen und Krankheitsverarbeitung, körperliche Fitness, Ernährung und Flüssigkeitsbedarf, Arzneimittel, Erholung und Freizeit, Sicherheit auf Reisen und zu Hause, lebenslanges Lernen, Zukunftsplanung. Jede Kurseinheit dauerte zwei Stunden, wobei die Teilnehmer ausdrücklich darum baten, keine Pausen einzulegen. Das Methoden-Arsenal umfasste außer dem bereits erwähnten Kursbuch, auch Vorträge, PowerPoint-Präsentationen, Frage-und-Antwort-Sequenzen sowie Arbeitsblätter.

   In ihrem Resümee heben die Autorinnen hervor, dass es offenbar durchaus möglich ist, Patienten trotz einer beginnenden Alzheimer-Demenz neue Informationen zu vermitteln, sie zur Veränderung von Lebensgewohnheiten zu motivieren (z.B. vermehrte Bewegung, Führerscheinverzicht, konsequente Arzneimitteleinnahme) und ihr Selbstwertgefühl zu steigern. Interessanterweise versäumte kein einziger der Seniorien-Studenten auch nur einen Termin. Keiner vergaß je seine Unterlagen oder sein Namensschild. Alle Teilnehmer arbeiteten rege mit und waren unter diesem Gesichtspunkt nach Ansicht der Dozenten „die besten Studenten, die sie je hatten“. Den Angehörigen fiel auf, dass die Patienten regelrecht auflebten, als „Studenten“ stolz auf andere zugingen und bereitwillig ihr neu erworbenes Wissen weitergaben. Die Abschluss-Sitzung war geprägt von Stolz und Trauer, Stolz auf das erworbene Zertifikat und die damit bestätigten Fähigkeiten, Trauer aufgrund des Abschieds von der Gruppe und einer mit sehr viel Wertschätzung verbundenen Lebenserfahrung.

S. Fitzsimmons u. a.: Health promotion for the mind, body, and spirit: a college course for older adults with dementia. American Journal of Alzheimer´s Disease and Other Dementias 2003 (18) 282-290